Das A(ction)-Team
E-Enduros 2019 im Test: Neun E-Enduro-Bikes von 5999 bis 7999 Euro
in Test
Hannibal, Face, Murdock und B.A. Baracus – so die Namen der vier Protagonisten der in den 1980ern populären, kurzweiligen US-TV-Actionserie, in der die besagten Vier Ex-Soldaten geben, die, selbst verfolgt vom Militär, Menschen aus brenzligen Notsituationen heraus helfen. An dieser Stelle tut sich eine Gemeinsamkeit zwischen dem A-Team und E-Enduros, den Protagonisten dieses Tests, auf. Schließlich bewahren auch letztere vor unangenehmen Stresssituationen. Mit dem gewichtigen Unterschied, dass man als ihr Nutzer gar nicht erst in diffizile Situationen im Gelände kommt.
Damit das klappt, bringt die Actionfraktion im E-MTB-Bereich üppige Federwege zwischen 150 und 180 mm zum Einsatz. Kombiniert mit einer Geometrie, die sehr abfahrtsaffin getrimmt ist, lassen sich – eine entsprechend ausgeprägte Fahrtechnik vorausgesetzt – am Volant aktueller E-Enduros auch grobe, sehr steile Downhills spielerisch erobern.
Damit bei intensivem Bergab-Spektakel die Uphill-Leistung nicht beschnitten wird, steht zum Beispiel das Sitzrohr mit einem Winkel um 75° schön steil, womit man ordentlich Druck aufs Pedal bringt. Komplett schließlich wird ein E-Enduro mit einem konstant kraftvoll unterstützenden Motor, der für den Fahrer das Versprechen einlöst, ihn flotter auf den Gipfel zu bringen und ihm so mehr Zeit auf knackigen, anspruchsvollen Trails zu verschaffen.
E-Enduros im Test: Diese neun Bikes haben wir getestet
Marke | Modell | UVP | Prädikat |
Narco | Sight VLT 2 | 5999 Euro | |
Rocky Mountain | Altitude Powerplay A70 | 6000 Euro | |
Centurion | No Pogo E R3600iTestbrief | 6199 Euro | |
Merida | eOne-Sixty 8000Testbrief | 6199 Euro | |
Ducati | MIG-RR | 6250 Euro | |
YT | Decoy CF Pro Race | 6599 Euro | Preis/Leistung |
Nox Cycles | Hybrid 7.1 Enduro Pro | 7199 Euro | Downhill-Tipp |
Simplon | Rapcon Pmax | 7369 Euro | Allround-Tipp |
BMC | Trailfox AMP SX One | 7999 Euro |
E-Enduros: Test in zwei Preisklassen
Neun E-Enduros bilden das Testfeld, gesplittet in zwei Preisklassen von 5999 bis 6599 Euro, respektive von 7199 bis 7999 Euro. Bikes mit Aluchassis sind ebenso vertreten wie die Carbon-Konkurrenz. Angesichts der Tatsache, dass Carbonbikes bei vergleichbarer Ausstattung preislich oftmals höher rangieren, überrascht, dass das günstigste E-Enduro im Test einen Carbonrahmen an den Start bringt. Und der sieht am 5999 Euro teuren Norco verflixt gut aus, zieht die Blicke auf sich.
Mittig im Rahmen des Sight VLT 2 prangt Shimanos Steps E8000-Motor – aufgrund seiner funktionellen, weil gut abgestuften drei Motorstufen bei nur 2,8 Kilo Gewicht bei den Herstellern unverändert beliebt. Wie populär der kraftvolle Motor ist, zeigt dieser Test: Auch an BMC, Merida, YT und Ducati arbeitet er.
Nicht entnehmbare Akkus
Die Energieversorgung übernimmt am Norco übrigens der fest installierte 630-Wh-Akku im Unterrohr. Nachteilig hier: Der Energieträger kann zum Laden nicht entnommen, somit während einer Tour mit vielen Steilanstiegen bei Bedarf auch nicht gegen einen Akku im Rucksack ausgetauscht werden.
Mit dieser Herausforderung sieht sich der Endurist auch bei der bekannten kanadischen Verwandtschaft von Rocky Mountain konfrontiert – die zugehörige Batterie des Rocky eigenen Dyname-3.0-Motors lässt sich am Altitude Powerplay A 70 nicht entnehmen. Dies gilt es auf Tagestouren mit anspruchsvollem Höhenmeterprofil zu bedenken. Ein Ladegerät mitzuführen, um sein Bike eventuell während längerer Hüttenrast zu laden, ist sinnvoll.
29“/27.5“-Mixed-Laufräder
Sein populäres Erfolgsmodell eOne-Sixty stellt Merida ab sofort auf ein großes 29“-Vorder- und ein kleineres 27.5“-Hinterrad, um so top Überrolleigenschaften vorne mit gesteigerter Wendigkeit am Heck zu verbinden. Ferner präsentiert sich der Look des Chassis jetzt schnittiger, schließlich versteckt sich der 504-Wh-Akku nun im Unterrohr des Carbonhauptrahmens.
Auf das 29“/27.5“-Mixed-Laufradkonzept setzt zudem die Konkurrenz von Ducati, YT und Simplon, verbaut hierbei aber, anders als Merida, für das Quentchen extra Kontrolle und Traktion am Hinterrad 2.8“ breite Plus-Pneus. Mit dem Decoy CF Pro Race, Teil der günstigeren Preisklasse, fährt das erste E-MTB von YT auf die Bühne – und setzt mit top Komponenten wie Shimanos XT-Di2-Schaltung und abfahrtspotentes Fox-Float-X2-Federbein ein Ausrufezeichen.
Simplon Rapcon Pmax
Das gilt auch für die österreichische 2020er-Novität Rapcon Pmax von Simplon, die mit tollen Details erfreut. Etwa mit dem in Rahmengröße Large 450 mm kurzen Sitzrohr, das es Fahrern um 1,80 m erlaubt, einen großen Rahmen zu fahren und zugleich über genug Platz zu verfügen, um in steilen Downhills den Sattel weit absenken zu können.
Ferner ist das Rapcon Pmax auf das optionale Nachrüsten der neuen elektronischen Fahrwerkssteuerung E-Live-Valve von Fox vorbereitet. Für deren Betrieb bezieht das System die Energie vom Bosch-Powertube-Akku mit 625 Wh Kapazität. Die Konsequenz, mit der das E-Live-Valve-System in den Bosch-Antrieb integriert ist, weist in die Zukunft des E-MTBs.
Die getesteten E-Enduros in der Bildergalerie
E-Enduros im Test: Fazit
Stichwort Bosch: Die vierte Generation des mit maximal 340 % unterstützenden, nun 2,9 Kilo leichten und deutlich kompakteren Motors legt die Messlatte für die Konkurrenz hoch. Ungemein druckvoll und jederzeit spielerisch dosierbar agiert das Aggregat. Es scheint beinahe zu ahnen, wie das Gelände nach der nächsten Kurve beschaffen ist. Beinahe „unheimlich“ gut.
In Schlagdistanz liegt der am Nox verbaute Brose Drive S Mag, der mit natürlichem Fahrgefühl, top Dosierbarkeit und kraftvollem Durchzug punktet. Den Testsieg holt nach Punkten knapp das Simplon: Bergauf ob starkem Bosch-Antrieb kaum zu bremsen, hält sein Fahrwerk dicke Reserven für fiese Downhills bereit.
Ihm dicht auf den Fersen sind das Nox Hybrid 7.1 Enduro Pro und das E-Enduro-Topmodell von YT, Decoy CF Pro Race, die sich Platz zwei teilen. Das Nox beeindruckt mit völlig unerschrockenem Fahrwerk (mit exklusivem Fox Stahlfederbein DHX2 am Heck) im Groben; das YT Decoy CF mit hoher Agilität, natürlichem Fahrfeeling und top Hinterbau. Auf Platz drei folgt das noble BMC Trailfox AMP SX One, das unter anderem als prima ausbalancierter, leichtfüßiger Kletterer glänzt.
So haben wir die E-Enduros getestet
Die abwechslungsreichen, von etwas harmloser bis hart variierenden Mittelgebirgstrails rund um Regensburg in der Oberpfalz bildeten die Kulisse für den vorliegenden Test des aktuellen E-Enduro-Jahrgangs 2019/2020. Auf der ausgedehnten Testrunde alternieren einfache Anstiege auf Flowtrails mit echten Fahrbarkeitsprüfungen im Steilanstieg. Gelegenheit, die Schubkraft der E-Motoren von Shimano, Brose, Rocky Mountain und Bosch abzufragen. Die Downhills halten steile Passagen über rutschigen Fels, die die Handlingsqualitäten der Testprobanden rasch offenlegen, ebenso bereit, wie Vollgas-Abschnitte über üppiges Wurzelwerk, auf denen Front- und Heckfederung malträtiert werden.
Der zweite Teil des Testbetriebs erfolgte im Tiroler Stubai- und Gschnitztal, das den neun E-Enduros mittels langer, mitunter steiler Anstiege sowie anspruchsvoller Trailabfahrten in alpiner Umgebung viel abverlangte. Beste Möglichkeit also für die Tester, etwa Verzögerung und Dosierbarkeit der Bremsanlage oder die kontrollierte Abgabe der Motorkraft zu erspüren.